Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
9C 589/2017
Urteil vom 17. April 2018
II. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin,
Bundesrichterin Glanzmann,
nebenamtlicher Bundesrichter Brunner,
Gerichtsschreiber Fessler.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Beatrice Gurzeler,
Beschwerdeführerin,
gegen
IV-Stelle Bern,
Scheibenstrasse 70, 3014 Bern,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Invalidenversicherung (Invalidenrente, Neuanmeldung),
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern
vom 29. Juni 2017 (200 17 13 IV).
Sachverhalt:
A.
A.________ meldete sich im Mai 2011 bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle Bern klärte die gesundheitlichen und erwerblichen Verhältnisse ab. Mit Verfügung vom 27. April 2012 mit dem Betreff "Keine Kostengutsprache für Berufliche Massnahmen" wies sie das Leistungsbegehren ab.
Im Januar 2014 meldete sich A.________ erneut bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. U.a. gestützt auf das interdisziplinäre Gutachten der Dres. med. B.________, Rheumatologie FMH, und C.________, Psychiatrie FMH, vom 20. Juni 2016 wies die IV-Stelle nach durchgeführtem Vorbescheidverfahren mit Verfügung vom 17. November 2016 mit dem Betreff "Keine Kostengutsprache für Leistungen der IV" das Leistungsbegehren ab.
B.
Die Beschwerde der A.________ wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, mit Entscheid vom 29. Juni 2017 ab.
C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A.________, der Entscheid vom 29. Juni 2017 sei aufzuheben und die Sache zur Abklärung des Sachverhalts vermittels eines polydisziplinären Gutachtens an die IV-Stelle zurückzuweisen. Nachträglich ersucht sie um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege (Eingabe vom 25. September 2017).
Erwägungen:
1.
Soweit sich die Beschwerdeführerin in ihrem nach Ablauf der Rechtsmittelfrist am 6. September 2017 (Art. 100 Abs. 1

2.
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter anderem wegen Verletzung von Bundesrecht erhoben werden (Art. 95 lit. a





3.
Streitgegenstand ist der Anspruch der Beschwerdeführerin auf eine Rente der Invalidenversicherung, den die Vorinstanz in Bestätigung der Verfügung der Beschwerdegegnerin vom 17. November 2016 verneint hat.
4.
Wurde eine Rente wegen eines zu geringen Invaliditätsgrades verweigert, wird eine neue Anmeldung nur geprüft, wenn die gesuchstellende Person glaubhaft macht, dass sich der Grad der Invalidität in einer für den Anspruch erheblichen Weise geändert hat (Art. 87 Abs. 2



5.
Das kantonale Verwaltungsgericht hat den von der Beschwerdegegnerin mit der angefochtenen Verfügung vom 17. November 2016 verneinten Anspruch der Beschwerdeführerin auf eine Rente (Art. 28




6.
Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung von Art. 28

7.
7.1. Die Betreffzeile der Verfügung vom 27. April 2012 lautet: "Keine Kostengutsprache für Berufliche Massnahmen". Unter "Gesetzliche Grundlagen" wird u.a. festgehalten: "Als Invalidität gilt die durch einen Gesundheitsschaden verursachte, voraussichtlich bleibende oder längere Zeit dauernde Erwerbsunfähigkeit (...; Art. 8


7.2. Die Verfügung vom 27. April 2012 weist somit alle Merkmale einer Verfügung nur über berufliche Massnahmen auf. Im Text wird weder der Begriff Rente erwähnt noch Art. 28

Unter diesen Umständen verletzt die Auffassung der Vorinstanz, am 27. April 2012 sei (auch) über den Anspruch auf eine Rente verfügt worden und demzufolge sei die Verfügung vom 17. November 2016 im Rahmen eines Neuanmeldungsverfahrens ergangen, kein Bundesrecht. Damit war auch zu prüfen, ob sich der Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin im Vergleichszeitraum ( 27. April 2012 bis 17. November 2016; E. 4) überwiegend wahrscheinlich dauerhaft und somit rentenrelevant verändert hatte, was die Vorinstanz verneint hat (E. 5).
8.
8.1. Die Beschwerdeführerin macht Befangenheit des rheumatologischen Gutachters Dr. med. B.________ geltend und bestreitet dessen Fachkompetenz. Zu den im Wesentlichen selben Einwänden hat sich die Vorinstanz in E. 3.5.2 des angefochtenen Entscheids geäussert. Weder nimmt die Beschwerdeführerin auf die betreffenden Erwägungen Bezug, noch setzt sie sich damit auseinander, womit es sein Bewenden hat (Art. 42 Abs. 2

8.2. Weiter rügt die Beschwerdeführerin, die Anordnung eines bidisziplinären Gutachtens verletze ihren Anspruch auf ein polydisziplinäres Gutachten. Es lägen neben den psychischen Leiden und der Epicondylitis weitere gesundheitliche Beeinträchtigungen vor. Dazu verweist sie u.a. auf den Bericht des Spitals D.________ vom 27. April 2016. Die Vorinstanz hat sich zur Notwendigkeit einer polydisziplinären Begutachtung nicht geäussert bzw. die Frage implizit verneint, indem es den medizinischen Sachverhalt als rechtsgenüglich abgeklärt erachtet hat.
Das Bundesgericht hat sich in BGE 139 V 349 E. 3.2 S. 352 zur Abgrenzung der Anwendungsfelder polydisziplinärer Gutachten und mono- oder bidisziplinärer Expertisen geäussert. Mit ihren Vorbringen vermag die Beschwerdeführerin nicht substanziiert aufzuzeigen, inwiefern im vorliegenden Fall die hier formulierten Regeln verletzt sein sollen. Namentlich war den Gutachtern der Bericht vom 27. April 2016 bekannt. Es ist davon auszugehen, dass sie einen entsprechenden Hinweis angebracht haben würden, wenn sie der Auffassung waren, die darin erwähnten weiteren Diagnosen (u.a. Asthma bronchiale, erhöhte Leberwerte unklarer Genese, Gluten- und Laktoseunverträglichkeit) könnten für die Arbeitsfähigkeit von Bedeutung sein und es seien insoweit zusätzliche Abklärungen erforderlich (vgl. BGE 139 V 349 E. 3.3 S. 352). Im Übrigen hatte sich die Beschwerdeführerin nicht gegen die in der Mitteilung vom 30. November 2015 angekündigte rheumatologische und psychiatrische Begutachtung gewehrt und im Sinne des Hinweises, wonach triftige Einwendungen gegen die Art der Begutachtung eingereicht werden könnten, eine polydisziplinäre Abklärung verlangt. Darin kann ein Indiz gesehen werden, dass auch sie selber den betreffenden Morbiditäten neben den
rheumatologischen und psychiatrischen Befunden keine Bedeutung für die Frage der Arbeitsfähigkeit beimass.
8.3. Sodann sieht die Beschwerdeführerin die bundesrechtlichen Regeln über die Beweiswürdigung von Gutachten dadurch verletzt, dass die Vorinstanz zu Unrecht die nach der Verfügung vom 17. November 2016 erstellten ärztlichen Berichte ausser Acht gelassen habe. Diese stünden allesamt in krassem Widerspruch mit dem psychiatrischen Teilgutachten. Damit vermag sie indessen nicht aufzuzeigen, inwiefern die Feststellung des kantonalen Verwaltungsgerichts, dass diese Berichte keine rentenrelevante Veränderung des Gesundheitszustandes zu belegen vermöchten, offensichtlich unrichtig sein soll (E. 2).
8.4. Schliesslich bestreitet die Beschwerdeführerin den Beweiswert des psychiatrischen Teilgutachtens des Dr. med. C.________. Die Expertise sei in verschiedener Hinsicht nicht schlüssig. Ihre Vorbringen richten sich indessen direkt gegen das Gutachten an sich, ohne dass auf die Darlegungen in E. 3.5.3 des angefochtenen Entscheids eingegangen würde, wo begründet wird, weshalb diesem Beweiswert zukommt und darauf abgestellt werden kann. Es kann offenbleiben, ob sie damit ihrer Rüge- und Begründungspflicht in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht (Art. 42 Abs. 2


9.
Der angefochtene Entscheid verletzt kein Bundesrecht. Die Beschwerde ist unbegründet.
10.
Ausgangsgemäss wird die Beschwerdeführerin grundsätzlich kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1



Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtsverbeiständung wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt, einstweilen indessen auf die Bundesgerichtskasse genommen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 17. April 2018
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Pfiffner
Der Gerichtsschreiber: Fessler