122 III 219
39. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 4. Juni 1996 i.S. Spinnerei an der Lorze (AG) gegen Jean Frey AG (Berufung)
Regeste (de):
- Art. 42 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 42 - 1 Wer Schadenersatz beansprucht, hat den Schaden zu beweisen.
- Voraussetzungen und Tragweite der Beweiserleichterung nach Art. 42 Abs. 2
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OR Art. 42 - 1 Wer Schadenersatz beansprucht, hat den Schaden zu beweisen.
- Anwendung der sich aus Art. 42 Abs. 2
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OR Art. 42 - 1 Wer Schadenersatz beansprucht, hat den Schaden zu beweisen.
Regeste (fr):
- Art. 42 al. 2 CO. Appréciation du dommage par le juge.
- Conditions et mesure de la preuve facilitée, au sens de l'art. 42 al. 2 CO (consid. 3a). Pouvoir d'examen du Tribunal fédéral (consid. 3b et c).
- Application des principes découlant de l'art. 42 al. 2 CO à la responsabilité d'entreprises de presse en cas d'information économique déloyale (consid. 4).
Regesto (it):
- Art. 42 cpv. 2 CO. Valutazione del danno da parte del giudice.
- Presupposti e portata della facilitazione della prova giusta l'art. 42 cpv. 2 CO (consid. 3a). Potere d'esame del Tribunale federale (consid. 3b e c).
- Applicazione dei principi sgorganti dall'art. 42 cpv. 2 CO alla responsabilità dell'impresa responsabile dell'organo di stampa in caso di cronaca economica sleale (consid. 4).
Sachverhalt ab Seite 219
BGE 122 III 219 S. 219
A.- Die Spinnerei an der Lorze (AG), Baar, erwarb in den Jahren von 1989 bis 1992 die Gugelmann & Cie. AG, Roggwil, die Ed. Bühler AG, Kollbrunn, und die Kammgarnspinnerei Bürglen. Zusammen bilden die Gesellschaften, die alle der Spinnereibranche angehören, die sogenannte Lorze-Gruppe. Adrian Gasser ist seit 1988 Mitglied und seit März 1990 Delegierter des Verwaltungsrates der Spinnerei an der Lorze. In dieser Funktion leitet er auch die Tochtergesellschaften. Er ist überdies Verwaltungsrat der Schmid
BGE 122 III 219 S. 220
AG, Gattikon, von der die Spinnerei an der Lorze die Ed. Bühler AG und die Kammgarnspinnerei Bürglen übernommen hatte. Die Gesellschaften der Lorze-Gruppe standen im Zusammenhang mit wirtschaftlichen und anderen Schwierigkeiten des öfteren im Blickpunkt des öffentlichen Interesses. Die am 15. Januar 1990 der Schmid AG abgekaufte Ed. Bühler AG, Kollbrunn, wurde bereits Ende Februar 1990 geschlossen, weil ihre Baumwollager mit Messingkäfern durchseucht waren. Rund 80 Angestellte verloren ihren Arbeitsplatz. Im November 1990 nahm die Fabrik jedoch die Produktion wieder auf. Ende 1990 wurde die Schliessung der am 1. Juni 1989 erworbenen Gugelmann & Cie. AG, Roggwil, bekannt. 170 Mitarbeiter erhielten die Kündigung. Im Februar 1991 schloss die Spinnerei an der Lorze einen Teil ihres eigenen Produktionsbetriebs, was die Entlassung von 39 Beschäftigten zur Folge hatte. Mit diesen Vorfällen sowie mit der Person von Adrian Gasser und seiner Rolle bei den erwähnten Betriebsschliessungen befassen sich vier vom Journalisten Christian Gerig gezeichnete Artikel, die zwischen Oktober 1990 und April 1991 in der "Weltwoche" erschienen. Herausgeberin der "Weltwoche" ist die Jean Frey AG. Im Februar 1991 veröffentlichte auch die Zeitschrift "Bilanz", die damals ebenfalls von der Jean Frey AG herausgegeben wurde, einen eher kritischen Artikel über die Spinnerei an der Lorze.
B.- Am 8. Juli 1991 klagte die Spinnerei an der Lorze beim Handelsgericht des Kantons Zürich gegen die Jean Frey AG auf Schadenersatz im Betrag von mindestens 10 Mio. Franken. In der Replik erhöhte die Klägerin ihre Schadenersatzforderung auf 15 Mio. Franken nebst 8% Zins seit 10. Juni 1992. Sie machte insbesondere geltend, in den von der Beklagten zu verantwortenden fünf Artikeln würden die Klägerin, deren Waren, Werke, Leistungen und Geschäftsverhältnisse im Sinne von Art. 3 lit. a

SR 241 Bundesgesetz vom 19. Dezember 1986 gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) UWG Art. 3 - 1 Unlauter handelt insbesondere, wer: |
C.- Die Klägerin legte gegen das handelsgerichtliche Urteil Berufung an das Bundesgericht ein. Dieses weist die Berufung ab, soweit es darauf eintritt.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
3. Die Klägerin stützt ihre Argumentation auf Art. 42 Abs. 2

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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 8 - Wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, hat derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet. |
BGE 122 III 219 S. 221
verschiedener Hinsicht eine Bedeutung zu, die ihnen nicht zukommt. Bevor auf die einzelnen Rügen eingegangen wird, welche die Klägerin gegen die Erwägungen des Handelsgerichts erhebt, ist daher die Tragweite der beiden Vorschriften klarzustellen: a) Art. 42 Abs. 2

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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 8 - Wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, hat derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet. |

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BGE 122 III 219 S. 222
ferner auch THEO FISCHER, Schadenberechnung im gewerblichen Rechtsschutz, Urheberrecht und unlauteren Wettbewerb, S. 36 ff.). Die vom Geschädigten vorgebrachten Umstände müssen geeignet sein, den Bestand des Schadens hinreichend zu belegen und seine Grössenordnung hinreichend fassbar werden zu lassen. Der Schluss, dass tatsächlich ein Schaden vom behaupteten ungefähren Umfang eingetreten ist, muss sich dem Gericht mit einer gewissen Überzeugungskraft aufdrängen (BGE 98 II 34 E. 2, S. 37, mit Hinweisen). Die Zusprechung von Schadenersatz setzt voraus, dass der Eintritt des geltend gemachten Schadens nicht bloss im Bereich des Möglichen liegt, sondern als annähernd sicher erscheint (BREHM, a.a.O., N. 52 zu Art. 42

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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 4 - Wo das Gesetz das Gericht auf sein Ermessen oder auf die Würdigung der Umstände oder auf wichtige Gründe verweist, hat es seine Entscheidung nach Recht und Billigkeit zu treffen. |

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 4 - Wo das Gesetz das Gericht auf sein Ermessen oder auf die Würdigung der Umstände oder auf wichtige Gründe verweist, hat es seine Entscheidung nach Recht und Billigkeit zu treffen. |

SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 42 - 1 Wer Schadenersatz beansprucht, hat den Schaden zu beweisen. |
BGE 122 III 219 S. 223
ob Umstände von der Art, wie sie der Geschädigte im kantonalen Verfahren vorgebracht hat, grundsätzlich geeignet sind, den Eintritt des geltend gemachten Schadens nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge als annähernd sicher erscheinen zu lassen. Sobald hingegen das kantonale Sachgericht gestützt auf eine Würdigung von Beweisen und konkreten Umständen die an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts bejaht oder verneint hat, liegt eine tatsächliche Feststellung vor, an die das Bundesgericht als Berufungsinstanz grundsätzlich gebunden ist (vgl. BGE 117 II 256 E. 2b und c, S. 258 f., mit Hinweisen). Soweit vereinzelte ältere Entscheide von der Überprüfbarkeit solcher fallbezogener Wahrscheinlichkeitsschlüsse ausgehen (BGE 98 II 34 E. 3, S. 37 f.; BGE 79 II 409 E. 5, S. 422 f.; BGE 68 II 237 E. 4, S. 244), kann daran nicht festgehalten werden. c) Schliesslich scheint die Klägerin auch die Kognition zu überschätzen, die dem Bundesgericht im Rahmen von Art. 8

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 8 - Wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, hat derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet. |

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BGE 122 III 219 S. 224
ausgeht, dass weitere Abklärungen am massgeblichen Beweisergebnis nichts mehr zu ändern vermöchten (BGE 119 II 114 E. 4c, S. 117; BGE 115 II 305 und 441 E. 6b, S. 450, je mit Hinweisen).
4. Die Klägerin hatte vor dem Handelsgericht den Standpunkt vertreten und hält daran auch in der Berufung fest, der Eindruck, der durch die unlautere Berichterstattung der Beklagten geschaffen worden sei, habe schon nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu einer schweren Schädigung führen müssen. Bei dieser Sachlage habe die Klägerin Anspruch auf Schadenersatz, und es sei grundsätzlich nicht erforderlich, dass sie weitere Anhaltspunkte für die Existenz eines Schadens vorbringe. Ihre Vorbringen zu einzelnen Schadenspositionen seien lediglich als Anhaltspunkte für die Schätzung des Gesamtschadens zu verstehen. Das Handelsgericht geht im angefochtenen Urteil auf diese Argumentation nicht näher ein. Es beschränkt sich darauf, die einzelnen von der Klägerin angeführten Schadenspositionen zu behandeln und dabei jeweils zu prüfen, ob sich der Schluss auf eine Schädigung mit einer gewissen Überzeugungskraft aufdränge. In den Augen der Klägerin ist dieses Vorgehen bereits im Ansatz verfehlt. Sie erblickt darin eine Verletzung von Art. 42 Abs. 2

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BGE 122 III 219 S. 225
allgemeinen Lebenserfahrung ableiten. Vielmehr ist der Klägerin entgegen ihrer Ansicht durchaus zumutbar, - allenfalls unter entsprechenden prozessualen Vorkehren zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen auch aufgrund ihrer Buchhaltung - Eintritt und Ausmass des behaupteten Schadens zu belegen. Das Handelsgericht hat sich somit zu Recht darauf beschränkt, die Schadenspositionen zu prüfen, hinsichtlich welcher die Klägerin konkretere Behauptungen zu den angeblichen vermögensschädigenden Auswirkungen der Berichterstattung der Beklagten vorgebracht hatte; ob die entsprechenden Erwägungen im angefochtenen Entscheid vor dem Bundesrecht standhalten, bleibt noch zu prüfen. Entgegen der Auffassung der Klägerin lässt sich der Vorinstanz auch nicht vorwerfen, sie habe Art. 42 Abs. 2

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