120 II 76
17. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 25. Februar 1994 i.S. H. gegen Fachverband Elektroapparate für Haushalt und Gewerbe in der Schweiz (FEA) (Berufung)
Regeste (de):
- Unlauterer Wettbewerb durch die Veröffentlichung eines wissenschaftlichen Forschungsergebnisses (Art. 1
SR 241 Bundesgesetz vom 19. Dezember 1986 gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)
UWG Art. 1 - Dieses Gesetz bezweckt, den lauteren und unverfälschten Wettbewerb im Interesse aller Beteiligten zu gewährleisten.
SR 241 Bundesgesetz vom 19. Dezember 1986 gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)
UWG Art. 2 Grundsatz - Unlauter und widerrechtlich ist jedes täuschende oder in anderer Weise gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstossende Verhalten oder Geschäftsgebaren, welches das Verhältnis zwischen Mitbewerbern oder zwischen Anbietern und Abnehmern beeinflusst.
SR 241 Bundesgesetz vom 19. Dezember 1986 gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)
UWG Art. 3 - 1 Unlauter handelt insbesondere, wer:
- Das UWG ist auf die wissenschaftliche Forschung und die Veröffentlichung ihrer Ergebnisse insoweit anwendbar, als die Äusserungen objektiv geeignet sind, den Wettbewerb zu beeinflussen (E. 3).
- Wissenschaftliche Äusserungen sind im Sinne von Art. 3 lit. a
SR 241 Bundesgesetz vom 19. Dezember 1986 gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)
UWG Art. 3 - 1 Unlauter handelt insbesondere, wer:
Regeste (fr):
- Concurrence déloyale résultant de la publication du résultat d'une recherche scientifique (art. 1, 2, 3 let. a LCD).
- La loi fédérale contre la concurrence déloyale est applicable à la recherche scientifique et à la publication de ses résultats dans la mesure où, par sa teneur, elle est susceptible objectivement d'influer sur la concurrence (consid. 3).
- Sont déloyales au sens de l'art. 3 let. a LCD les allégations scientifiques, qui ne correspondent pas aux connaissances reconnues par la science ou qui ne font pas clairement état des controverses existant à leur propos (consid. 5b). Seules les déclarations loyales jouissent de la protection conférée par les droits fondamentaux (consid. 5c).
Regesto (it):
- Concorrenza sleale derivante dalla pubblicazione del risultato di una ricerca scientifica (art. 1, 2, 3 lett. a LCSI).
- Nella misura in cui la ricerca scientifica e la pubblicazione dei suoi risultati sono atte, da un punto di vista obiettivo, a influire sulla concorrenza, la legge federale contro la concorrenza sleale è loro applicabile (consid. 3).
- Sono sleali ai sensi dell'art. 3 lett. a LCSI le affermazioni scientifiche che non corrispondono a sicure conoscenze scientifiche o quelle che non menzionano, in modo chiaro, l'esistenza di opinioni divergenti. Solo le dichiarazioni leali godono della protezione garantita dai diritti costituzionali (consid. 5c).
Sachverhalt ab Seite 77
BGE 120 II 76 S. 77
A.- H., der umweltbiologische Forschung betreibt, verfasste mit Professor B. einen Forschungsrapport mit dem Titel "Vergleichende Untersuchungen über die Beeinflussung des Menschen durch konventionell und im Mikrowellenofen aufbereitete Nahrung". Im Bericht wurde unter anderem ausgeführt, dass die im Blut der Versuchspersonen festgestellten Veränderungen auf krankhafte Störungen hinweisen würden und ein Bild zeigten, "das auch für den Beginn eines kanzerogenen Prozesses gelten kann...". Im Jahre 1992 erschienen mehr oder weniger vollständige, durch redaktionelle Einführungen begleitete Veröffentlichungen des Forschungsrapportes, namentlich im "JOURNAL Franz Weber", in "RAUM & ZEIT" und im "VITA SANA MAGAZIN". Die Publikation des Forschungsrapportes im "JOURNAL Franz Weber" wurde bereits auf dem Titelblatt mit der Überschrift: "Mikrowellen: Gefahr wissenschaftlich erwiesen!" und mit der Abbildung eines den Tod darstellenden Sensemannes, der einen Mikrowellenherd trägt, angekündigt; unter dem Titel "Der vollständige Rapport der Untersuchung" wurde der Forschungsbericht abgedruckt.
B.- Am 7. August 1992 reichte der Fachverband Elektroapparate für Haushalt und Gewerbe in der Schweiz (FEA) beim Handelsgericht des Kantons Bern Klage gegen H. ein. Mit Urteil vom 19. März 1993 verbot das Handelsgericht dem Beklagten unter anderem, "die Behauptung aufzustellen, im Mikrowellenherd zubereitete Speisen seien gesundheitsschädlich und führten zu Veränderungen im Blut ihrer Konsumenten, welche auf eine krankhafte Störung hinweisen und ein Bild zeigten, das für den Beginn eines kanzerogenen Prozesses gelten könnte".
C.- Gegen das Urteil des Handelsgerichts erhebt der Beklagte Berufung, die das Bundesgericht abweist, soweit es darauf eintritt.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
3. Nach Auffassung des Beklagten findet das UWG (SR 241) vorliegend keine Anwendung, da die ihm untersagten Äusserungen in ideeller Zielsetzung, zur Wahrung öffentlicher Gesundheitsinteressen und nicht im Wettbewerbsbezug erfolgt seien.
BGE 120 II 76 S. 78
a) Das UWG bezweckt, den lauteren und unverfälschten Wettbewerb im Interesse aller Beteiligten zu gewährleisten (Art. 1). Folgerichtig ist jedes gegen Treu und Glauben verstossende Verhalten oder Geschäftsgebaren unlauter, welches das Verhältnis zwischen Mitbewerbern oder zwischen Anbietern und Abnehmern beeinflusst (Art. 2

SR 241 Bundesgesetz vom 19. Dezember 1986 gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) UWG Art. 2 Grundsatz - Unlauter und widerrechtlich ist jedes täuschende oder in anderer Weise gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstossende Verhalten oder Geschäftsgebaren, welches das Verhältnis zwischen Mitbewerbern oder zwischen Anbietern und Abnehmern beeinflusst. |
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den Wettbewerb zu beeinflussen (NOBEL, a.a.O., passim). Abgesehen davon, dass diese Auffassung die Gefahr einer Vermischung des Begriffs der Widerrechtlichkeit mit Elementen des Verschuldens mit sich bringt, verwechselt der Beklagte Motiv und Absicht. Er stellt nicht in Abrede, den Schutz der Konsumenten durch Bestimmung deren Marktverhaltens zu bezwecken und damit den Absatzmarkt der angegriffenen Produkte zu beeinflussen. Darin liegt eine klare Wettbewerbsabsicht, mag sie auch aus ideellen und nicht aus gewinnstrebigen Beweggründen bekundet werden. b) Wissenschaftliche Forschungen und die Publikation ihrer Ergebnisse sind an sich nicht wettbewerbsgerichtet, solange sie im akademischen Rahmen erfolgen (DAVID, a.a.O.). Sie werden es indessen, sobald die wissenschaftlichen Meinungskundgaben im objektiven Verständnis des Zielpublikums darauf ausgelegt sind, das Verhalten der Marktteilnehmer, namentlich der Abnehmer, zu beeinflussen. Dies bedarf jedenfalls dort keiner weiteren Erörterung, wo die Wissenschaft als getarnte Werbung eingesetzt wird, wo wissenschaftliche Erkenntnisse als Werbemittel gebraucht werden, um den Absatz eines Produkts zu fördern (BAUMBACH/HEFERMEHL, Wettbewerbsrecht, 17. Aufl., 1993, N. 238 der Einleitung und N. 28 zu § 1 DUWG). Nichts anderes aber kann gelten, wenn die als wissenschaftlich beanspruchte Aussage im Wettbewerbsbezug dazu verwendet wird, den Absatz eines bestimmten Produkts durch dessen Herabsetzung negativ zu beeinflussen. Auch solche Äusserungen stellen Wettbewerbshandlungen dar, die in den Regelungsbereich des UWG fallen und dessen Lauterkeitsgebot unterstehen (vgl. BAUMBACH/HEFERMEHL, a.a.O., N. 5 zu § 14 DUWG). Die dem Beklagten zur Last gelegten Äusserungen sind nach ihrer Aufmachung und ihrem Inhalt, namentlich aber mit Blick auf den Adressatenkreis der Presseerzeugnisse klarerweise marktgeneigt, da sie zumindest aus objektiver Sicht unmissverständlich darauf ausgerichtet sind, die Konsumenten vom Erwerb und der Benutzung von Mikrowellenherden abzuhalten. Sie sind damit auch geeignet, den Wettbewerb zu beeinflussen. Daher hat das Handelsgericht sie zu Recht dem UWG unterstellt und daraufhin überprüft, ob sie als unlauter im Sinne dieses Gesetzes zu qualifizieren sind.
5. Das Verbot, "die Behauptung aufzustellen, im Mikrowellenherd zubereitete Speisen seien gesundheitsschädlich und führten zu Veränderungen im Blut ihrer Konsumenten, welche auf eine krankhafte Störung hinweisen und
BGE 120 II 76 S. 80
ein Bild zeigten, das für einen Beginn eines kanzerogenen Prozesses gelten könne", hält der Beklagte für bundesrechtswidrig, da die untersagte Äusserung einerseits nicht unlauter im Sinne des UWG sei und anderseits unter Grundrechtsschutz stehe. a) Das Handelsgericht hält für das Bundesgericht verbindlich fest (vgl. POUDRET, COJ, N. 4.2.1.5 zu Art. 63

SR 241 Bundesgesetz vom 19. Dezember 1986 gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) UWG Art. 2 Grundsatz - Unlauter und widerrechtlich ist jedes täuschende oder in anderer Weise gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstossende Verhalten oder Geschäftsgebaren, welches das Verhältnis zwischen Mitbewerbern oder zwischen Anbietern und Abnehmern beeinflusst. |
BGE 120 II 76 S. 81
Aufgrund dieses Beweisergebnisses kommt das Handelsgericht zum Schluss, die beanstandete Behauptung des Beklagten sei offensichtlich unwahr und falsch und deshalb unrichtig im Sinne von Art. 3 lit. a

SR 241 Bundesgesetz vom 19. Dezember 1986 gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) UWG Art. 3 - 1 Unlauter handelt insbesondere, wer: |

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BGE 120 II 76 S. 82
zu § 14 DUWG). So verhält es sich auch im vorliegenden Fall. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Handelsgerichts ist die Auffassung des Beklagten keineswegs wissenschaftlich gesichert, vielmehr wird sie überwiegend abgelehnt. Sie im Wettbewerbsbezug als richtig auszugeben, ist nach Art. 3 lit. a

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